Freitag, 6. April 2007
Live for Speed - virtuelle vs. echte Realität
LFS, wie Live for Speed meist kurz genannt wird, befindet sich derzeit im vierten Jahr seiner Entwicklung. Ziel der sehr kleinen Entwicklertruppe um Scawen Roberts ist es, eine möglichst realitätsnahe Simulation aller möglichen Rennsportarten auf vier Rädern zu simulieren. In der aktuellen Version mit der etwas eigenwilligen Bezeichnung LFS 0.5 S2 alpha W, bilden jedoch Rundstreckenrennen den Kern von Live for Speed.

Doch wie real ist eigentlich diese virtuelle Realität?
Live for Speed bezieht in seine Physikberechnungen schon eine Vielzahl von Faktoren mit ein, neben einem umfangreichen Setup werden auch Reifentemperaturen, Wind, Untergrund, Aerodynamik und Einflüsse der Schwer- und Fliehkraft berechnet.

Jedoch ist bereits das Setup nicht sehr nah an der Realität, denn nur wenige Rennwagen bieten derartig umfangreiche Einstellmöglichkeiten an, während es bei dem ebenfalls simulierten Formel-1-Boliden schon wieder an Einstellmöglichkeiten mangelt, gerade in Bezug auf die Elektronik. Auch sind die Auswirkungen mitunter unrealistisch, z.B. verändert sich der aerodynamische Abtrieb nicht durch die Fahrzeughöhe.

Viele einwirkende Kräfte sind auch stark vereinfacht: Der Wind ist statisch, ebenso die Schwerkraft. Die Fliehkraft wirkt auch sehr linear, was darauf schliessen lässt, dass die Reifen bei gleichbleibender Temperatur einen absolut linearen Grip-Verlauf haben. Und auch der auf der Strecke befindliche Gummiabrieb hat keine Auswirkungen auf das Fahrverhalten oder den Grip, obwohl er sogar durch zunehmende Verdunkelung der Strecke sichtbar gemacht wird.

Doch sind diese Punkte nicht alle zu vernachlässigen, so lange der Kern - also die Fahrphysik - ausgesprochen realistisch ist? In einem Wort: Jain.

Auch die Fahrphysik ist nicht bis in letzte Detail realistisch. Erfahrungen, die in Live for Speed gemacht worden sind, lassen sich nicht auf die Realität übertragen. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass extreme Fahrzustände in der Realität durch viele Punkte, insbesondere die auf den Fahrer einwirkenden Kräfte, deutlich extremer werden, als sie es in einer kontrollierten Umgebung, wie auf dem PC, werden. Auch werden Situationen sensorisch völlig anders wahrgenommen. Während man bei Live for Speed jede Bewegung des Fahrzeuges am Bildschirm nachvollziehen kann (und muss!), geht diese Eigenschaft in der Realität verloren, da unser Kopf nicht fest mit dem Wagen verschraubt ist. Und auch quietschen die Reifen in der Realität nicht immer gleich, manchmal machen sie sogar gar keine Geräusche über den normalen Abrolllärm hinaus. In der Realität müssen wir uns auf unseren Gleichgewichtssinn, auch Popometer genannt, verlassen.

Und gerade aufgrund dieser mangelnden sensorischen Erfahrung wird Live for Speed immer eines bleiben: ein Spiel.

... comment